Newsletter Dezember 2019/20

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Unfallversicherungsschutz am Probearbeitstag
Verletzt sich ein Arbeitsuchender an einem Probearbeitstag in einem Unternehmen, ist er gesetzlich unfallversichert.
So entschied das Bundessozialgericht1 im Fall eines Arbeitsuchenden, der an einem Probearbeitstag
bei einem Entsorgungsunternehmen Mülltonnen transportierte und dabei von einem Lkw fiel.
Zwar war der Verletzte noch nicht dauerhaft in den Betrieb eingegliedert. Seine Tätigkeit diente aber nicht nur
seinem eigenen Interesse an einer dauerhaften Beschäftigung, sondern sollte dem Unternehmen die Auswahl
eines geeigneten Bewerbers ermöglichen. Sie hatte deshalb für das Unternehmen einen objektiven
wirtschaftlichen Wert.

Verfahrensrecht
Folgende Unterlagen können im Jahr 2020 vernichtet werden

Nachstehend aufgeführte Buchführungsunterlagen können nach dem 31. Dezember 2019 vernichtet werden:
 Aufzeichnungen aus 2009 und früher,
 Inventare, die bis zum 31. Dezember 2009 aufgestellt worden sind,
 Bücher, in denen die letzte Eintragung im Jahr 2009 oder früher erfolgt ist,
 Jahresabschlüsse, Lageberichte und Eröffnungsbilanzen, die 2009 oder früher aufgestellt worden sind,
 Buchungsbelege aus dem Jahr 2009 oder früher,
 empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe und Kopien der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
die 2013 oder früher empfangen bzw. abgesandt wurden,
 sonstige für die Besteuerung bedeutsame Unterlagen aus dem Jahr 2013 oder früher.2
Dabei sind die Fristen für die Steuerfestsetzungen zu beachten. Es wird davon ausgegangen, dass die letzten
Aufzeichnungen für das jeweilige Jahr im Folgejahr erfolgten. Wurden sie später vorgenommen, sind die
Unterlagen entsprechend länger aufzubewahren.
Unterlagen dürfen nicht vernichtet werden, wenn sie von Bedeutung sind
 für eine begonnene Außenprüfung,
 für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen,
 für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren oder zur
Begründung der Anträge an das Finanzamt und
 bei vorläufigen Steuerfestsetzungen.
Es ist darauf zu achten, dass auch die elektronisch erstellten Daten für zehn Jahre vorgehalten werden müssen.
Natürliche Personen, deren Summe der positiven Einkünfte aus Überschusseinkünften (aus nichtselbständiger
Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte) mehr als 500.000 € im Kalenderjahr
2019 betragen hat, müssen die im Zusammenhang stehenden Aufzeichnungen und Unterlagen sechs Jahre
aufbewahren. Bei Zusammenveranlagung sind die Feststellungen für jeden Ehegatten gesondert maßgebend.
Die Verpflichtung entfällt erst mit Ablauf des fünften aufeinanderfolgenden Kalenderjahrs, in dem die
Voraussetzungen nicht erfüllt sind.3

Gesellschaft/Gesellschafter
Überprüfung der Gesellschafter-Geschäftsführerbezüge einer GmbH
Bezüge der Gesellschafter-Geschäftsführer müssen regelmäßig auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden. Bei
dieser Prüfung werden folgende Gehaltsbestandteile berücksichtigt: Festgehalt (einschließlich
Überstundenvergütung), Zusatzvergütungen (z. B. Urlaubsgeld, Tantiemen, Gratifikationen), Pensionszusagen und
Sachbezüge.4
Die Vergütungsbestandteile dürfen sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach nicht durch das Gesellschaftsverhältnis
veranlasst sein. Zudem müssen die einzelnen Gehaltsbestandteile sowie die Gesamtvergütung
angemessen sein. Danach ist zu prüfen, ob auch ein fremder Geschäftsführer, der keine Beteiligung an der GmbH
hält, diese Entlohnung für seine Tätigkeit erhalten hätte. Es kann auch notwendig sein, die Tantieme und die
Gesamtbezüge – z. B. wegen weiterer Bezüge aus anderen Tätigkeiten – auf einen bestimmten Höchstbetrag zu
begrenzen.5 Beschäftigt eine GmbH mehrere Geschäftsführer, müssen insbesondere bei kleinen Unternehmen
ggf. Vergütungsabschläge vorgenommen werden.

Damit die Vergütungen des Gesellschafter-Geschäftsführers als Betriebsausgaben berücksichtigt werden können,
muss zuvor ein Anstellungsvertrag abgeschlossen werden. In diesem muss klar und eindeutig formuliert werden,
welche Vergütungen der Gesellschafter-Geschäftsführer erhält. Fehlen diese Vereinbarungen, liegt eine verdeckte
Gewinnausschüttung vor.
Sowohl die Neufestsetzung als auch sämtliche Änderungen der Bezüge sind grundsätzlich im Voraus durch die
Gesellschafterversammlung festzustellen.7
Hinweis: Aufgrund der Vielzahl der Urteile zu diesem Themengebiet ist es sinnvoll, die Bezüge insgesamt mit dem
Steuerberater abzustimmen.

Keine verdeckte Gewinnausschüttung bei Nebeneinander von Pensionszahlungen und Geschäftsführervergütung
Leistet eine GmbH an ihren beherrschenden Gesellschafter eine Pension und gleichzeitig eine weitere Vergütung
für die Geschäftsführeranstellung, stellt sich die Frage, ob die zugrunde liegende Vereinbarung einem Fremdvergleich
standhält. Ist sie hingegen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, liegt in der Regel eine verdeckte
Gewinnausschüttung vor.
In einem vom Finanzgericht Münster8 entschiedenen Fall wurde der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer
im Jahr 2010 aus Altersgründen abberufen und erhielt eine monatliche Pension. Da es zu Konflikten zwischen
Kunden der GmbH und dem neuen Geschäftsführer kam, wurde der beherrschende Gesellschafter 2011 wieder
zum Geschäftsführer bestellt. Dafür erhielt er weniger als 10 % seiner früheren Geschäftsführervergütung. Diese
Vergütung und die weiter bezahlte Pension beliefen sich auf 25 % seiner früheren Gesamtbezüge.
Das Finanzgericht Münster konnte keine gesellschafsrechtlich veranlasste Vorteilszuwendung erkennen, da die
Wiedereinstellung allein im Interesse der GmbH erfolgt sei. Die Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers
(Pension und Gehalt) hatte lediglich Anerkennungscharakter und stelle kein vollwertiges Gehalt dar. Auch mit
fremden Dritten wäre eine solche Vereinbarung getroffen worden. Daher liege keine verdeckte Gewinnausschüttung
vor.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.

Einkommensteuer

Unbelegte Brötchen mit Kaffee sind kein Frühstück
Ein Betriebsprüfer war der Auffassung, dass die arbeitstägliche unentgeltliche Zurverfügungstellung von
unbelegten Brötchen verschiedener Art und Getränken aus einem Heißgetränkeautomaten als steuerpflichtiger
Sachbezug wie ein vollständiges Frühstück zu behandeln wäre.
Der Bundesfinanzhof9 folgte dieser Sichtweise nicht. Er urteilte, dass es sich bei den allen Arbeitnehmern zum
sofortigen Verzehr zur Verfügung stehenden Backwaren und Heißgetränken um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten
handelte. Werden nur Backwaren ohne Brotaufstrich und Heißgetränke aus dem Getränkeautomaten
zum jederzeitigen Verzehr zur Verfügung gestellt, kann nicht von einer vollständigen Mahlzeit wie einem
Frühstück, Mittagessen oder Abendessen ausgegangen werden.


Grundstücksenteignung kein privates Veräußerungsgeschäft
Wenn ein Grundstück willentlich gegen Entgelt übertragen wird, kann ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft
vorliegen. Kommt es hingegen zu einem Verlust des Eigentums an einem Grundstück ohne maßgeblichen
Einfluss des Eigentümers, sind die Voraussetzungen für eine Veräußerung nicht erfüllt. Bisher war es
umstritten, ob Enteignungen auch Veräußerungen sein können.

Der Bundesfinanzhof10 weist in einer hierzu ergangenen Entscheidung auf den Gesetzeswortlaut hin, wonach
„Veräußerungsgeschäfte“ besteuert werden. Der Verlust am Eigentum an einem Grundstück gegen den Willen des
Eigentümers kann kein solches Veräußerungsgeschäft sein.

Kein Betriebsausgabenabzug für Reisekosten der den Steuerpflichtigen begleitenden Ehefrau
Ob und inwieweit Reisekosten steuerlich zu berücksichtigen sind, hängt davon ab, ob die Reise beruflich bzw.
betrieblich veranlasst ist.
In einem vom Finanzgericht Münster11 entschiedenen Fall hatte ein Steuerberater in Begleitung seiner Ehefrau an
internationalen Konferenzen teilgenommen. Im Anschluss an die Veranstaltungen machten die Eheleute an den
Tagungsorten noch einige Tage Urlaub. Der Steuerberater machte die gesamten Reisekosten als Betriebsausgaben
geltend. Er begründete dies damit, dass seine Ehefrau ihn bei seiner Tätigkeit unterstützt habe, z. B. durch
Kontaktpflege zu Mandanten und Kollegen.
Das Gericht entschied, dass die Aufwendungen, die auf die begleitende Ehefrau entfielen, nicht als Betriebsausgaben
abzugsfähig seien. Es handele sich dabei um private Aufwendungen. Die Unterstützung der Ehefrau gehe
nicht über das Maß an Unterstützungsleistungen hinaus, die das bürgerliche Recht von Eheleuten verlange. Die
Begleitung der Ehefrau an touristisch attraktive Orte mit hohem Freizeitwert und die Verbindung mit einem
privaten Urlaub sei vorrangig durch die Rolle als Ehefrau veranlasst. Eine etwaige berufliche Veranlassung trete
dahinter als unbedeutend zurück.
Der Bundesfinanzhof muss möglicherweise abschließend entscheiden.

Gewerbesteuer

Keine erweiterte Grundbesitzkürzung des Gewerbeertrags bei Überlassung von Betriebsvorrichtungen

Verpachtet ein Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz, kann es auf Antrag den Teil des Gewerbeertrags
kürzen, der auf die Verpachtung entfällt.
Werden allerdings neben dem eigentlichen Grundbesitz auch nicht mit dem Grundstück fest verbundene
Betriebsvorrichtungen mitvermietet, ist die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach einem Urteil des
Bundesfinanzhofs12 ausgeschlossen. Es wird nur die gesetzliche Kürzung um 1,2 % des Einheitswerts des zum
Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes berücksichtigt. Auf den Umfang der zusätzlich vermieteten
Betriebsvorrichtungen kommt es nicht an.
Mit dieser Begründung wurde die erweiterte Kürzungsmöglichkeit beim Gewerbeertrag für die Verpachtung der
zur Ausstattung eines Hotels gehörenden Bierkellerkühlanlage, von Kühlräumen und Kühlmöbeln für Theken- und
Büfettanlagen abgelehnt.

Wohnungseigentümer/Vermieter

Steuerliche Gestaltung des Schuldzinsenabzugs beim Erwerb einer gemischt genutzten Immobilie
Während Schuldzinsen für ein Darlehn zum Erwerb einer vermieteten Immobilie steuerlich als Werbungskosten
abzugsfähig sind, gilt dies nicht für eine eigengenutzte Immobilie. Wird z. B. ein Zweifamilienhaus angeschafft, in
dem eine Wohnung eigengenutzt und die andere fremdvermietet wird, kann durch eine geschickte Kaufvertrags-
und Finanzierungsgestaltung das eingesetzte Eigenkapital der eigengenutzten Wohnung zugeordnet
werden, sodass gezahlte Schuldzinsen ganz oder zum großen Teil auf die vermietete Wohnung entfallen und die
Steuerlast mindern.
Hierfür ist es erforderlich, dass der Kaufpreis für die beiden Gebäudeteile im Notarvertrag getrennt vereinbart und
bezahlt wird. Dabei muss der auf die vermietete Wohnung entfallende Kaufpreis nachweislich durch ein gesondertes Darlehn bezahlt werden. Wird der gesamte Kaufpreis allerdings in einer Summe von einem Bankkonto bezahlt, auf das vorher das Darlehn ausgezahlt wurde, kann das Darlehn nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs13 nicht mehr ausschließlich der vermieteten Wohnung zugeordnet werden, weil sich Eigen- und Fremdkapital vermischt haben.

Tipp: Die Gestaltung sollte mit dem steuerlichen Berater frühzeitig abgesprochen werden. Sie ist auch bei der
Herstellung einer gemischt genutzten Immobilie möglich.