Newsletter Februar 2019

Sehr geehrte Damen und Herren,
seit 1. Januar 2019 gilt u. a.: Job-Tickets sind wieder steuerfrei. Arbeitgeber, die aus der Entgeltumwandlung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung Sozialversicherungsbeiträge sparen, sind verpflichtet, beim Abschluss von Neuverträgen einen Zuschuss zu leisten.
Die nach der 1 %-Regelung ermittelte Nutzungsentnahme für auch privat gefahrene betriebliche Fahrzeuge ist möglicherweise begrenzbar. Darüber muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Die einzelne Aufzeichnung eines jeden Barumsatzes kann unzumutbar sein.
Dies gilt jedoch nicht, wenn ein modernes PC-Kassensystem zum Einsatz kommt. Bei weiteren Auffälligkeiten kann eine Hinzuschätzung zulässig sein. Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung kann die unzutreffende Steuerschuldnerschaft eines Bauträgers ohne weitere Voraussetzungen korrigiert werden. Haben Sie Fragen zu den Artikeln dieser Blitzlicht-Ausgabe oder zu anderen Themen? Bitte sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gern.

Verfahrensrecht
Schätzungsbefugnis bei fehlenden Programmierprotokollen eines bargeldintensiven Betriebs mit modernem PC-Kassensystem
Die einzelne Aufzeichnung eines jeden Barumsatzes kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unzumutbar sein. Wird jedoch ein modernes
PC-Kassensystem eingesetzt, das sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet, ist eine Berufung auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung nicht (mehr) möglich.





Fehlen Programmierprotokolle für ein solches elektronisches Kassensystem, berechtigt dies zu einer Hinzuschätzung
von Umsätzen, wenn eine Manipulation der Kassen nicht ausgeschlossen werden kann. Ein weiteres Indiz für eine nicht ordnungsgemäße Kassenführung ist z. B. die Existenz diverser Überwachungsvideos in den Betriebsräumen des Unternehmens, wonach Mitarbeiter zahlreiche Bezahlvorgänge nicht im Kassensystem erfasst hatten. Unter diesen Voraussetzungen besteht ausreichend Anlass, die sachliche Richtigkeit der Buchführung zu beanstanden. Eine Hinzuschätzung von Umsatz und Gewinn auf der Grundlage einer Nachkalkulation ist insoweit zulässig (Quelle: Beschluss des Finanzgerichts Hamburg).

Unternehmer/Unternehmen
Gesellschaftereinlage als nachträgliche Anschaffungskosten auf die GmbH-Beteiligung
Aufwendungen eines Gesellschafters aus der Einzahlung in die Kapitalrücklage führen zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung des Gesellschafters, wenn sie zur Vermeidung der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft geleistet wurden. Nachträgliche Anschaffungskosten auf eine Beteiligung sind nur solche Aufwendungen des Gesellschafters, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Darunter fallen u. a. auch handelsbilanzrechtliche Zuzahlungen, wie die freiwillige und ohne Gewährung von Vorzügen seitens der Kapitalgesellschaft erbrachte Einzahlung in die Kapitalrücklage. Dabei spielt es keine Rolle, ob die zugeführten Mittel von der Gesellschaft dazu verwendet werden, eigene (betriebliche) Verbindlichkeiten abzulösen. Die Verwendung der Mittel durch die Gesellschaft ist unerheblich, ebenso wie ein Rückgriffsanspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft.
Der Bundesfi nanzhof stellt heraus, dass dieses Vorgehen nicht den Wertungen des Gesellschaftsrechts widerspricht. Insbesondere liegt kein Gestaltungsmissbrauch vor. Durch die Leistung weiterer Einzahlungen über die Stammeinlage hinaus ermöglicht es der Gesellschafter seiner Gesellschaft, wechselnde Kapitalbedürfnisse durch Eigenkapital statt durch Fremdkapital zu decken.

Pauschal ermittelte Nutzungsentnahme für Kfz vielleicht doch begrenzbar?
Die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs (Kfz) kann pauschal nach der sog. 1 %-Regelung besteuert werden. Dies setzt seit 2006 voraus, dass das Kfz zu mindestens 50 % betrieblich genutzt wird. Der Bundesfinanzhof hatte erst kürzlich entschieden, dass es nicht geboten sei, im Umkehrschluss die nach der 1 %- Regelung ermittelte Nutzungsentnahme auf 50 % der Gesamtaufwendungen für das Kfz zu begrenzen. Diese Entscheidung könnte nun das Bundesverfassungsgericht kippen. Gegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist mittlerweile Verfassungsbeschwerde erhoben worden.

Hinweis: Betroffene Streitfälle sollten mit Verweis auf das anhängige Verfahren offengehalten werden.

Wohneingentümer/Mieter/Vermieter
Mieter kann Zustimmungserklärung zur Mieterhöhung nicht widerrufen
Mieter können eine einmal erteilte Zustimmung zur Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nicht widerrufen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. Das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht soll Verbraucher vor Fehlentscheidungen schützen. Dies gilt vor allem bei Haustürsituationen oder im Onlinehandel. Bei einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters gibt es aber kein Informationsdefizit und keinen zeitlichen Druck des Mieters. Der Mieter hat für seine Überlegungen eine Frist von zwei Monaten. Zudem muss eine Mieterhöhung vom Vermieter genau begründet werden. Deshalb ist das Widerrufsrecht in diesem Fall nicht anwendbar. Geklagt hatte ein Mieter, der zuerst einer Mieterhöhung zugestimmt hatte, jedoch kurz darauf den Widerruf der Zustimmung erklärte, die erhöhte Miete lediglich unter Vorbehalt zahlte und die Rückzahlung der zu viel gezahlten Mietebegehrte.

Kinder
Ehefrau der Kindsmutter wird nicht aufgrund der Ehe zum rechtlichen Mit-Elternteil des Kinds
Die Ehefrau der Kindsmutter ist nicht aufgrund der Ehe als weiterer Elternteil des Kinds in das Geburtenregister einzutragen. Dies entschied der Bundesgerichtshof. Die für verschiedengeschlechtliche Ehepaare geltende Abstammungsregelung weist die Vaterschaft dem Mann zu, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kinds verheiratet ist.
Die gesetzliche Regelung ist auf Paare gleichen Geschlechts jedoch nicht unmittelbar anwendbar. Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht, weil keine planwidrige Regelungslücke existiert. Vielmehr gilt die von dieser Regelung aufgestellte widerlegbare
Vermutung, der Ehemann habe das Kind auch gezeugt, im Fall einer Ehe zwischen zwei Frauen gerade nicht. Auch eine grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung liegt nicht vor,
weil die Ehefrau rein biologisch nicht leiblicher Elternteil des Kinds sein kann. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber bisher bewusst von einer Neuregelung des Abstammungsrechts abgesehen. In diesem Zusammenhang bedürfte es auch der Klärung, ob und in welcher Weise bei zwei männlichen Ehegatten vergleichbare, auf bei Geburt bestehender Ehe beruhende Eltern-Kind-Verhältnisse begründet werden können.

Umsatzsteuer
Korrektur einer unzutreffenden Steuerschuldnerschaft des Bauträgers
Wer als Bauträger fälschlicherweise davon ausgegangen ist, als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer der von ihm bezogenen Bauleistung zu schulden, kann ohne weitere Voraussetzungen geltend machen, dass die unzutreffende Besteuerung entfällt. Damit stellt sich der Bundesfinanzhof gegen die Auffassung der Finanzverwaltung. Diese ging bislang davon aus, dass sie zur Verhinderung von Steuerausfällen dem Verlangen nach Erstattung der Umsatzsteuer des Bauträgers für Leistungsbezüge vor dem 15. Februar 2014 nur dann nachkommen muss,
 soweit dieser die nachträgliche Zahlung der fraglichen Umsatzsteuer
an den leistenden Unternehmer nachweist oder
 für das Finanzamt eine Aufrechnungsmöglichkeit dadurch besteht, dass der leistende Unternehmer seinen Anspruch gegen den Bauträger an das Finanzamt abtritt.
Diese einschränkende Auffassung ist entsprechend der Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht durch das Gesetz gedeckt.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer
Betriebliche Altersvorsorge: Arbeitgeberzuschuss ab 2019 für Neuzusagen verpflichtend
Eine betriebliche Altersversorgung liegt u. a. vor, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditätsoder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt werden. Um das Altersvorsorgesparen über die Gehaltsabrechnung attraktiver zu machen, ist bereits seit dem 1. Januar 2018 das
Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft, woraus sich neue gesetzliche Regelungen bei Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds ergeben haben. Hervorzuheben sind hieraus
 die Anhebung des steuerfreien Förderrahmens
bei der Gehaltsumwandlung,
 die Einführung des sog. Sozialpartnermodells
(reine Beitragszusage als
neue Zusageart) sowie
 die Einführung eines neuen steuerlichen
Förderbetrags für Geringverdiener.
Ab dem 1. Januar 2019 ist beim Abschluss von Neuverträgen nunmehr zudem ein verpflichtender Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 % zu leisten, sofern sich Arbeitgeber aus der Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge sparen. Die tatsächliche Höhe der eingesparten Sozialversicherungsbeiträge ist für die Höhe des Zuschusses unerheblich. Der Zuschuss ist zudem „tarifdispositiv“, d. h. in Tarifverträgen kann zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

Hinweis: Für Altverträge greift der obligatorische Arbeitgeberzuschuss erst ab dem Jahr 2022.

Kurzfristige Beschäftigung: 70-Tage-Regelung für Saisonarbeiter bleibt bestehen
Der Bundesrat hat Mitte Dezember 2018 das sog. Qualifi zierungschancengesetz gebilligt und damit den Weg dafür frei gemacht, dass u. a. die derzeit befristet geltenden höheren Zeitgrenzen für eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung dauerhaft (d. h. über den 31. Dezember 2018 hinaus) beibehalten werden. Demnach liegt eine kurzfristige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahrs auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist. Damit werden insbesondere Betriebe, für die Saisonarbeit einen besonders hohen Stellenwert hat, wie in der Landwirtschaft sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe, entlastet.

Obacht
Eine kurzfristige Beschäftigung unterliegt grundsätzlich keiner Verdienstbeschränkung. Übersteigt das Entgelt jedoch 450 € im Monat, muss der Arbeitgeber prüfen, dass die Tätigkeit nicht berufsmäßig ausgeübt wird. D. h. die Beschäftigung darf für den Arbeitnehmer nur von untergeordneter Bedeutung sein. Anderenfalls liegt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor.


EuGH stärkt Arbeitnehmerrechte bei Urlaubsanspruch
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat sich in zwei Urteilen zum deutschen Urlaubsrecht geäußert. Zum einen ging es um die Vererbbarkeit von Urlaubsabgeltungsansprüchen. Die Witwen zweier Arbeitnehmer hatten von den ehemaligen Arbeitgebern ihrer Ehemänner finanzielle Vergütung für die zum Zeitpunkt des Todes nicht
genommenen Urlaubstage gefordert. Fraglich war, ob der Anspruch auf bezahlten
Jahresurlaub auch dann nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers untergeht, wenn wie in Deutschland eine finanzielle Vergütung nach dem nationalen Recht nicht Teil der Erbmasse
wird.
Der EuGH hat dies bestätigt. Auch wenn der Zweck der Erholung nicht mehr verwirklicht werden kann, können die Erben eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub verlangen, da ansonsten die finanzielle Komponente des grundrechtlich relevanten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub rückwirkend entfallen würde. Schließt das nationale Recht eine solche Möglichkeit aus, können sich die Erben unmittelbar auf das Unionsrecht berufen. In einem weiteren Fall hatte ein Rechtsreferendar in den letzten Monaten seines juristischen Vorbereitungsdiensts trotz Aufforderung nur zwei Tage Urlaub genommen und für die nicht genommenen Urlaubstage finanziellen Ausgleich verlangt. Der EuGH entschied, dass ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht allein deshalb verliert, weil er keinen Urlaub beantragt hat. Kann der Arbeitgeber aber beweisen, dass der Arbeitnehmer freiwillig und in Kenntnis der Sachlage auf den Urlaub verzichtet hat, nachdem er in die Lage versetzt worden war, diesen rechtzeitig zu nehmen,
können der Urlaubsanspruch und auch der Anspruch auf finanzielle Vergütung wegfallen.

Eikommensteuer
Job-Ticket ab 2019 steuerfrei
Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern ab 2019 den Weg zur Arbeit steuerlich schmackhaft machen. Zuschüsse und Sachbezüge für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr, etwa mittels Job Ticket, sind seit Jahresbeginn von der Steuer befreit.
Die Steuerbefreiung umfasst auch private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr. Ziel ist es, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel attraktiver zu gestalten und mittelbar auch Umwelt- und Verkehrsbelastungen zu senken. Die Steuerbefreiung gilt jedoch nur, wenn Arbeitgeber die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbringen. Sie gilt daher nicht für Arbeitgeberleistungen, die durch Umwandlung des ohnehin geschuldeten Arbeitslohns finanziert werden. Für Arbeitgeber hat das den Vorteil, dass sie das Job Ticket nicht mehr in die monatliche 44-€ Freigrenze für ihre Mitarbeiter einbeziehen müssen. Auch eine etwaige pauschale Besteuerung fällt weg.

Hinweis
Arbeitnehmer sollten wissen, dass die steuerfreie Leistung im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung auf die Entfernungspauschale angerechnet wird. Ihr Werbungskostenabzug mindert sich ggf. entsprechend.

Berechnungsgrundlagen für den Spendenabzug beziehen sich auf das Kalenderjahr
Spenden und Mitgliedsbeiträge zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke können insgesamt bis zu 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder vier Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Dabei ist nach Auffassung des Finanzgerichts des Saarlandes bei der
Berechnung der „Summe der gesamten Umsätze“ für den Sonderausgabenabzug auf die insgesamt im Kalenderjahr des Spendenabzugs erzielten Umsätze und nicht auf die Umsätze
eines möglicherweise abweichenden Wirtschaftsjahrs abzustellen. Etwaige hierdurch erforderliche Nebenrechnungen sind hinzunehmen.

Sonstiges
Trompetenspiel im Reihenhaus in Maßen erlaubt
Wenn Nachbarn über das Musizieren in einem Reihenhaus streiten, dürfen Gerichte daran keine zu strengen Maßstäbe anlegen. Hausmusik ist in gewissen Grenzen als übliche Freizeitbeschäftigung erlaubt, sofern im Einzelfall der Nachbar durch die Geräuschkulisse nicht unverhältnismäßig stark beeinträchtigt wird. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Nach Ansicht des Gerichts gehört das häusliche Musizieren einschließlich des dazugehörigen Übens zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung und ist aus der Sicht eines verständigen Menschen in gewissen Grenzen hinzunehmen. Auf der anderen Seite sind auch die Interessen der Nachbarn an Ruhe und Erholung zu berücksichtigen. Deshalb ist im Einzelfall zu entscheiden, was noch angemessen und wann die Grenze des Zumutbaren überschritten ist. Als grober Richtwert kann davon ausgegangen werden, dass zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen, jeweils unter Einhaltung üblicher Ruhezeiten, gerechtfertigt sind.